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Berlins neue Open Data Informationstelle

3 Ziele und 3 Fragen für ODIS

Projektart
Publikation
Datum
22.05.2018

Die Technologiestiftung hat vor kurzem den Bericht “Open Data in der Berliner Verwaltung” veröffentlicht, der sich mit dem Status quo von Open Data in der Landesverwaltung befasst. Zudem macht der Report Vorschläge, wie Policies und Prozesse rund um Open Data verbessert werden können, um die Bedürfnisse von Datenbereitsteller*innen und -nutzer*innen besser zu erfüllen. Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich, dass trotz einer vergleichsweise großen Zahl von Veröffentlichungen im Berliner Datenportal und wachsender Unterstützung der Leitungsebene bei alltäglichen Open Data-Prozessen noch Luft nach oben bleibt. Viele Behörden und Ämter haben zum Beispiel keine umfassende Übersicht über ihre eigenen Datenbestände, und das Fehlen von Personen, die Datenaktivitäten koordinieren, führt zur Verwirrung, wer für das Thema überhaupt verantwortlich ist.

Probleme im System zu identifizieren ist leicht. Viel schwieriger ist es, passende Lösungen zu entwickeln und Verantwortung richtig zu verteilen. Manche Herausforderungen verlangen eher nach einem Top-Down-Ansatz: Es ist höchst unwahrscheinlich, dass das komplexe Netz von Ämtern, Behörden, Senatsverwaltungen und Bezirken in Berlin eine funktionierende, effiziente Datenkoordinationsstrategie hervorbringen könnte, ohne dass eine höhere Autorität eingreift und den Prozess steuert (die zweistufige Verwaltung des Stadtstaates Berlin macht die Sache nicht einfacher). Bei anderen Herausforderungen ergibt es mehr Sinn, nach dem Bottom-Up-Prinzip vorzugehen, um nicht an konkreten Bedarfen vorbei zu planen.

Unsere Antwort: ODIS

Um das Open Data-Angebot im Land Berlin strategisch und praktisch weiterzuentwickeln, haben wir zusammen mit der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe die „Open Data Informationsstelle“ (kurz: ODIS) ins Leben gerufen. Wie im Namen bereits anklingt, soll ODIS in erster Linie eine Anlaufstelle werden, die das Wissen über Open Data in Berlin bündelt und verbreitet. Zum Beginn haben wir uns für unsere Aktivitäten drei Schwerpunkte gesetzt, um die in der erwähnten Studie identifizierten Herausforderungen anzugehen.

Einen “Helpdesk” für praktische, Open Data-bezogene Fragen aus der Verwaltung schaffen

Für die meisten Verwaltungsbeschäftigten gibt es zur Zeit keine klaren Ansprechpartner bei Fragen zum Umgang mit offenen Daten (oder auch zu Daten allgemein). Die meisten Abteilungen haben keine designierten Datenspezialisten oder –koordinatoren. Auch auf Seiten des Berliner Open Data Portals fehlen die Ressourcen, um über die bloße Gewährleistung technischer Funktionalität auch redaktionelle Arbeit (etwa Qualitätsprüfungen einzelner Datensätze) zu leisten. ODIS will diese Lücken füllen und Verwaltungsbeschäftigten Unterstützung und Ressourcen anbieten, um bei der Aufbereitung, Veröffentlichung und Nutzung öffentlicher Datensätze zu helfen.

Gleichgesinnte zusammenbringen um Best Practices zu identifizieren und zu verbreiten

Für diesen Schwerpunkt gibt es zwei Gründe. Erstens will ODIS generell mehr Interesse und Begeisterung für Open Data innerhalb der Verwaltung wecken. Ein guter Weg, das zu erreichen, ist den Open Data-Pionieren zu zeigen, dass sie nicht alleine sind – es ist viel einfacher, sich für ein Thema stark zu machen, wenn man weiß, dass es auch andere interessiert. Zweitens wollen wir für Verwaltungsbeschäftigte, die bereits an Open Data-bezogenen Projekten arbeiten, Möglichkeiten der Kooperation und des Wissensaustauschs schaffen. Einige Bezirke verfügen zum Beispiel bereits heute über spezielle Datenkoordinator*innen, die das bezirkliche Datenangebot verwalten und sich auch untereinander austauschen. Die Aktivitäten diesen Datenkoordinator*innen stellen ein interessantes Modell für andere Teile der Verwaltung dar – aber viele wissen nicht einmal, dass diese Stellen existieren. Folglich gibt es einen Bedarf nach verbesserter Kommunikation und Vernetzung innerhalb der Verwaltung. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass gute Ideen bemerkt und verbreitet werden.

Durch Anwendungsbeispiele und Netzwerkarbeit die Nutzung offener Daten fördern

Wenn man sich mit den formalen und technischen Details offener Daten befasst, läuft man mitunter Gefahr, das große Ziel aus dem Blick zu verlieren: Ein nutzerfreundliches Datenangebot zu schaffen, aus dem möglichst einfach neue Anwendungen entstehen können. Das möchten wir auf zwei Arten erreichen: Zum einen möchten wir prototypische Anwendungen aus offenen Daten entwickeln, um deren Potenzial zu unterstreichen, aber auch um die Datenqualität praktisch zu testen. In unserem Ideation & Prototyping Lab sind in der Vergangenheit bereits einige solcher Anwendungen entstanden, zum Beispiel die Kita-Suche oder die Visualisierung zum Berliner Breitbandausbau. Eine weitere Priorität ist der Aufbau von engeren Netzwerken zwischen Verwaltung und Datennutzer*innen. Berlin hat eine aktive Open Data-Community, aber die Meetups und Aktivitäten aus dieser Community werden in der Verwaltung kaum wahrgenommen. Hier möchten wir helfen, zum Beispiel mit gezielten Veranstaltungen um die Open Data Community in Berlin mit den Datenbereitstellern in Kontakt zu bringen.

Leitfragen

Wie genau sich ODIS und die verschiedenen Schwerpunkte entwickeln, bleibt abzuwarten. Wir wollen ein Angebot schaffen, das sich an tatsächlichen Bedarfen orientiert und aus praktischer Erfahrung gespeist wird. Bei der Konzeption von ODIS haben wir eine lange Liste von Leitfragen erstellt, mit denen wir uns im Rahmen unserer Arbeit beschäftigen wollen, Viele dieser Fragen sind allgemeiner Natur und beschäftigen auch andere Städte, aber die Antworten hängen oft von den spezifischen Kontexten und institutionellen Strukturen vor Ort ab. Auf drei dieser Fragen wollen wir kurz eingehen:

Worin liegt der echte Mehrwert von Open Data? Wer profitiert von Offenheit? Wie kann man diesen Mehrwert konkretisieren oder vielleicht sogar messen?

Dass eine “Open Data Informationsstelle” sich diese Frage stellt, mag überraschen: Sollten wir darauf nicht schon eine Antwort haben? Tatsächlich wiederholen die Befürworter der Open Data-Bewegung (und wir nehmen uns hier gar nicht aus) fast schon gebetsmühlenartig die gleichen Argumente. Aber von Zeit zu Zeit sollte man die eigenen Annahmen ruhig hinterfragen. Dass Open Data mehr Transparenz schaffen kann, hören wir häufig, aber viel seltener wird versucht, die Auswirkungen dieser Transparenz tatsächlich auszuwerten – haben Bürger*innen wirklich das Gefühl, dass sie ihre Regierungen durch Open Data besser verstehen? Hat der Zuwachs an Transparenz neue Einblicke in Verwaltungsarbeit ermöglicht, die vorher nicht möglich waren? Zu Beginn unserer (Forschungs-)Arbeit bei ODIS wollen wir nicht behaupten, die Antworten auf solche Fragen schon wissen.

Wie ist digitale Innovation in der Verwaltung möglich? Und was sind die Voraussetzungen dafür?

Die Antwort auf diese Frage ist nicht nur für Open Data relevant, sondern auch für verwandte Felder wie E-Government oder die „Smart City“-Entwicklung. In allen diesen Fällen werden Verwaltungen nur erfolgreich sein, wenn sie bereit sind, Risiken einzugehen und Policies, Arbeitsabläufe und institutionelle Strukturen neu zu gestalten.

Auch zu dieser Frage gibt bereits einen breiten Katalog von Artikeln, seien es Blog-Posts von erfahrenen Praktiker*innen oder akademische Texte aus der Verwaltungsforschung. Trotzdem wünschen wir uns eine intensivere Diskussion mit Blick auf den Berliner Kontext, wo bislang wenig digitale Innovation auf Seiten der öffentlichen Verwaltung erkennbar ist (obwohl gefühlt ständig darüber diskutiert wird). Was können wir von anderen Städten und Ländern lernen, die innovative Strukturen im öffentlichen Sektor erfolgreich umgesetzt haben?

Können wir mit einem kleinen Team gegenüber einer 100.000 Personen-Verwaltung überhaupt etwas erreichen?

Diese Frage hängt mit der vorherigen zusammen. Natürlich ist es schwierig, Veränderungsprozesse in großen Verwaltungen anzustoßen, selbst wenn man eine große Menge Geld, Zeit und Arbeitskraft zur Verfügung hat. Wie soll dann es funktionieren, wenn eine kleine Gruppe von Menschen mit limitierten Ressourcen sich an den oft komplizierten und verästelten Prozessen einer Hauptstadtverwaltung zu schaffen macht? Haben wir da überhaupt eine Chance? Wie können wir unseren (bescheidenen) Einfluss nutzen, um eine Weiterentwicklung der Open Data-Strategie zu erreichen? Und wie können wir in Zusammenarbeit mit einzelnen Beschäftigten einen nachhaltigen Wandel anstoßen, der sich nicht auf eine einmalige, lokale Unterstützung beschränkt?

Können wir also überhaupt etwas bewegen? Wir sind optimistisch genug um zu glauben, dass die Antwort “ja” lautet. Wir sind aber auch realistisch genug um zu wissen, dass wir Zeit brauchen, um funktionierende Strategien zu finden und auszuprobieren. ODIS ist eine neue, und in dieser Form einzigartige Initiative. Wir werden sicher ein paar Fehler machen und mit verschiedenen Vorgehensweisen experimentieren müssen. Zumindest aber planen wir, unsere Aktivitäten transparent zu dokumentieren und regelmäßige Updates zu unserer Arbeit (übrigens immer auch in englisch) zu veröffentlichen. Unsere Hoffnung ist, damit mehr Aufmerksamkeit für das Thema Open Data zu schaffen – in Berlin aber auch darüber hinaus – und andere Institutionen und Akteure unterstützen, die ähnliche Ziele verfolgen.

Mehr über ODIS: https://odis-berlin.de/