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Was verbindet Design und Barrierefreiheit?

warum sind sie so wichtig und warum gehen sie jeden an

Projektart
Publikation
Datum
18.02.2019

Design ist nur dann nützlich, wenn es für alle zugänglich ist. Konkret bedeutet das, User Experience Design bzw. User-Centered Design ist ein ganzheitlicher Ansatz zur nutzerzentrierten Gestaltung mit Menschen ohne Einschränkungen und Menschen mit Einschränkungen. Der Begriff „Einschränkungen“ bezieht sich dabei auf unterschiedliche Behinderungsformen z.B. Sinnesbeeinträchtigungen (gehörlos, blind,…), Molibiltätsbeeinträchtigungen (Querschnittslähmungen, Erkrankungen des Bewegungsapparats,…), kognitive Beeinträchtigungen (Lernbehinderungen,…) sowie psychische Beeinträchtigungen oder altersbedingte Einschränkungen (Demenz, Altersschwerhörigkeit, Grauer Star oder Immobilität). Es ist ein „universelles Design“ erforderlich, um das Umfeld, in der sich die Gesellschaft bewegt, insgesamt barrierefrei und damit für jede Person zugänglich zu gestalten. Bei der Erfüllung der Bedürfnisse, die eine Einschränkung mit sich bringt, spielt die Entwicklung von Accessibility eine Schlüsselrolle. Ein UX Design kombiniert mit sinnvoller Accessibility bietet für alle Menschen in ihrem Alltag ein hohes Maß an Entlastung.

Diese Zugänglichkeit, gestützt durch innovative Lösungen, macht das Leben sicherer und komfortabler. Das Besondere an der Verbindung von UX Design und Accesibilitiy ist es, dass sie nicht nur für Menschen mit Einschränkungen wichtige Zugänge schafft, sondern für alle Menschen. Die in Deutschland erlassenen Gesetze, wie z.B. das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) oder das Bundesteilhabegesetz (BTHG), sollen Barrierefreiheit für ALLE herstellen. Die Verbindung von UX Design und Accessibility trägt der praktischen Umsetzung dieser Gesetze Rechnung. So sind die Grundvoraussetzung für Inklusion geschaffen.

Das “Übereinkommen der Rechte von Menschen mit Behinderungen Behinderungen“ das 2006 von der UNO-Generalversammlung verabschiedet und 2008 in Kraft trat und im weiteren Verlauf „UN-Behindertenrechtskonvention“ genannt wird, hat 2008 „Inklusion“ als Menschenrecht geschaffen. Inklusion steht für die Zugehörigkeit zur Gesellschaft, also das Gegenteil von Ausgrenzung und bezieht sich auf sämtliche Bereiche des Lebens. In Deutschland lebten nach Aussage des Statistischen Bundesamts 7,8 Millionen schwerbehinderte Menschen in unserer Gesellschaft. Sie stehen täglich vor der neuen Herausforderungen, ihren Lebensalltag selbstständig und selbstbestimmt zu gestalten.

In der heutigen Zeit spielen die Themen Barrierefreiheit und Inklusion in der Gesellschaft eine große Rolle. Beide Begriffe werden fast schon inflationär benutzt. Häufig wird es nur mit Menschen mit Behinderungen in Verbindung gebracht. Doch wir stoßen ALLE in sämtlichen Bereichen des täglichen Lebens auf Barrieren. Somit stehen beide Begriffe in engen Zusammenhang mit jedem einzelnen Individuum.

Um diese abzubauen, bedarf es noch viele Veränderungen. Festgeschrieben wurden diese in der UN-Behindertenrechtskonvention. Sie fordert Inklusion, also die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben, um die Barrieren abzuschaffen. Denn den gleichberechtigten Zugang für Menschen mit Behinderungen zur physischen Umwelt, zu Verkehrsmitteln, Information-, und Kommunikationstechnologie, Einrichtungen muss für alle gewährleistet sein. Im besonderen zu Einrichtungen und Behörden muss barrierefreie Internetseiten und die Etablierung von Gebärdensprache und Leichter Sprache für sie bereitgestellt werden. Der Staat sieht es als seine Pflicht, möglichst vielen Menschen eine breite Partizipation zu ermöglichen. Für mich ist Barrierefreiheit ein Menschenrecht.

Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, hat für seine Amtszeit folgendes Motto gewählt:
„Demokratie braucht Inklusion“.

Aus meiner persönlichen Erfahrung und Wahrnehmung sind Inklusion und Barrierefreiheit in Deutschland mangelhaft ausgeprägt. Ich betrachte das Ganze aus dem kritischen Blickwinkel einer tauben Person und sehe großen Nachholbedarf. Die UN-Behindertenrechteskonvention trat in Deutschland 2009 in Kraft - vor nun mehr 10 Jahren. Tatsächlich wurden die Inhalte in vielen Bereichen weder verstanden noch umgesetzt, obwohl die Beschlüsse bereits gefasst wurden. Dies zeigt der Parallelbericht an den UN-Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen anlässlich der Prüfung des ersten Staatenberichts Deutschlands gemäß Artikel 35 der UN- Behindertenrechtskonvention durch die Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention im März 2015, anhand zweier Aussagen ganz deutlich:

Auszüge aus dem Parallelbericht der Monitoring-Stelle zur Umsetzung der UN-Behindertenkonvention:

„In vielen Bereichen bleiben Bedeutung und Tragweite der Konvention rechtlich und praktisch wirkungslos. Der menschenrechtliche Ansatz fehlt beispielsweise bei der Entwicklung von Regierungsprogrammen (siehe Artikel 6: Gewaltschutz von Frauen und Mädchen; Artikel 14: Rechte von Menschen in psychiatrischer Versorgung), in gesetzgeberischen Maßnahmen sowie in Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen (Artikel 9: Ausweitung der Zugänglichkeit). Zwar findet Partizipation von Menschen mit Behinderungen und ihren Verbänden häufig statt, aber nicht immer in geeigneten und sinnstiftenden Formaten (Artikel 4: Partizipation). Nicht zuletzt haben einige Vorgaben aus der Konvention, etwa das Prinzip der Inklusion, eine gesellschaftspolitische Dimension. So wird im Vertragsstaat zwar eine kontroverse Diskussion über Inklusion geführt, auch und gerade in der Öffentlichkeit, die sich in einigen Darstellungen dieses Berichts widerspiegelt (Artikel 24: Anforderungen an ein inklusives Schulsystem; Artikel 27: Beschäftigung in Werkstätten).[…]“

„[…] In der Gesamtschau bleibt festzustellen, dass die Vorgaben der UN-BRK hierzulande noch nicht hinreichend in der Lebenswirklichkeit der Menschen mit Behinderungen angekommen sind.[…]“

Internetseiten, Apps, Spiele oder Einrichtungen sind zum Beispiel selten barrierefrei. In meinem Praxisalltag erlebe ich es immer wieder, dass der Grund für eine mangelnde Umsetzung mit den hohen Kosten und den aufwendigen und komplizierten Verfahren begründet wird. Hinzu kommt, dass ich auch oft bei den Beteiligten ein fehlendes Bewusstsein für Bedarfe und Anforderungen von Menschen mit Behinderungen wahrnehme.

Vielleicht liegt es darin begründet, dass Menschen mit Behinderungen allzu oft noch als Minderheit oder Randgruppe der Gesellschaft gelten. Dies widerspricht aber eindeutig der Intention der UN-Behindertenrechtskonvention, Inklusion herzustellen. Seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland, ist viel Zeit vergangen, aber nur wenig an Barrieren abgebaut bzw. Inklusion hergestellt worden.